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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 177/01
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 15 |
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Nach der Satzung über die städtische Abfallwirtschaft in der Stadt, in der sich die Wohnanlage befindet, muss der Müll in näher bestimmter Weise sortiert und in jeweils dafür vorgesehenen eigenen Abfallbehältnissen gesammelt werden. Die Wohnanlage verfügt über einen Müllschlucker, in den nur aussortierungsfreier Restmüll geworfen werden darf.
In der Eigentümerversammlung vom 26.4.2000 fassten die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit zu TOP 7 den Beschluss, dass der Betrieb der Müllschluckanlage bis 31.10.2000 probeweise weitergeführt wird und dass die Verwalterin und der Verwaltungsbeirat ermächtigt werden, die Müllschluckanlage zum 31.10.2000 zu schließen, wenn sie in der Zwischenzeit nicht ordnungsgemäß genutzt worden ist.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 25.5.2000, laut Eingangsstempel beim Amtsgericht am 4.6.2000 eingegangen, beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Mit Schriftsatz vom 14.8.2000 hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Anfechtungsfrist beantragt. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22.1.2001 die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat am 23.10.2001 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Eigentümerbeschluss sei nicht wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig. Es liege vielmehr eine Regelung über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums vor, den die Wohnungseigentümer mit Mehrheit beschließen könnten.
Der Eigentümerbeschluss sei auch nicht für ungültig zu erklären, weil die Antragstellerin die Anfechtungsfrist (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) versäumt habe und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht nachgewiesen seien.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die von der Eigentümerversammlung durch Mehrheitsbeschluss der Verwalterin und dem Verwaltungsbeirat erteilte Ermächtigung, den Müllschlucker stillzulegen, wenn er innerhalb einer bestimmten Frist nicht ordnungsgemäß benutzt wird, ist einer Beschlussfassung entzogen; sie unterfällt nicht der Bestimmung des § 15 Abs. 2 WEG.
Eine Gebrauchsregelung muss eine Konkretisierung des Gebrauchs zum Inhalt haben. Ein Gebrauchsentzug ist keine Regelung des Gebrauchs nach § 15 WEG, weil diese den Mitgebrauch voraussetzt. Der Gebrauchsentzug ändert § 13 Abs. 2 WEG ab und hat damit gesetzesändernden Inhalt. Eine solche Regelung ist dem Mehrheitsprinzip von vornherein ebenso wenig zugänglich wie die Änderung einer Vereinbarung (BGH NJW 2000, 3500/3502).
Im Gegensatz zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, in dem alle Wohnungseigentümer bis auf einen durch den Eigentümerbeschluss vom Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen wurden, trifft hier der Gebrauchsentzug alle Wohnungseigentümer. Dies ändert aber nichts daran, dass die oben genannten Grundsätze gleichwohl Anwendung finden. Diese Grundsätze gelten nämlich erst recht, wenn der Ausschluss vom Mitgebrauch nicht nur einzelne, sondern sämtliche Wohnungseigentümer trifft.
b) Der Senat hat am 18.1.1996 (NJWE-MietR 1996, 159 WuM 1996, 488) entschieden, dass ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer, einen vorhandenen Müllschlucker zu schließen, eine Regelung über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 15 WEG darstelle. An dieser Entscheidung wird nicht festgehalten.
Offenbleiben kann, ob der Antragstellerin von den Vorinstanzen zu Recht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Anfechtungsfrist (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG)versagt worden ist. Auch bedarf es keiner Entscheidung, ob der Eigentümerbeschluss bei rechtzeitiger Anfechtung unter Heranziehung der in der Senatsentscheidung vom 18.1.1996 genannten Gründe für ungültig hätte erklärt werden müssen, weil er - abgesehen von der Nichtigkeit - nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
3. Es erscheint angemessen, den unterlegenen Antragsgegnern die Gerichtskosten aller Rechtszüge aufzuerlegen, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten aber abzusehen, § 47 WEG.
Die Festsetzung des Geschäftswerts durch die Vorinstanzen mit 10000 DM entspricht § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Im Hinblick auf die zwischenzeitliche Umstellung auf den Euro erscheint es geboten, für alle Rechtszüge einen einheitlichen Geschäftswert festzusetzen, und zwar in Höhe von 5000 EUR.
Ende der Entscheidung
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